I. Rochow: Die Legende der abgehauenen Hand des Johannes Damaskenos

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Titel
Die Legende der abgehauenen Hand des Johannes Damaskenos. Ursprung – Varianten – Verbreitung


Autor(en)
Rochow, Ilse
Reihe
Berliner Byzantinische Studien 8
Erschienen
Frankfurt am Main 2007: Peter Lang/Frankfurt am Main
Anzahl Seiten
413 S., 1 Abb.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Michele C. Ferrari

Die gesicherten Kenntnisse über das Leben des syrischen Theologen Johannes von Damaskus stehen im umgekehrten Verhältnis zur grossen Verbreitung seiner Werke in der christlichen Welt der Vormoderne. Man geht davon aus, dass er in der Nachfolge seines Vaters am Hofe des Kalifen tätig war, bevor er sich nach Mar-Saba in der Nähe von Bethlehem zurückzog, wo er um 750 starb. Für seinen Kampf zugunsten der Bilderverehrung soll er einen hohen Preis bezahlt haben: Ein ikonoklastischer Kaiser – so eine im Osten und Westen populäre Legende – soll ihn beim Kalifen mit falschen Anschuldigungen angezeigt haben, der ihm als Strafe für den vermeintlichen Verrat die rechte Hand abhauen liess. Die Jungfrau Maria erbarmte sich indes ihres Verehrers und heilte ihn. Die Byzantinistin Ilse Rochow geht den Versionen dieser Legende von den Ursprüngen bis ins 17. Jahrhundert hinein im östlichen und westlichen Christentum mit bewundernswerter Akribie nach. Sie stellt zuerst die Quellen über das Leben des Johannes dar (6–24), bespricht die zwei Hauptversionen der Legende und ihre Varianten (Version A, 25–69: «Ein ‹Kalif› lässt Johannes die rechte Hand abhacken»; Version B, 98–165: «Ein byzantinischer Kaiser lässt Johannes die Hand abhacken»), behandelt aber auch die Rezeption der Legende seit dem 16. Jahrhundert (166–238) und widmet den durch weitere Legenden mit dem Hauptstoff verbundenen Marienikonen (239–345) und den bildlichen Darstellungen des Wunders (346–360) reichhaltige Kapitel. Dies ist kein Buch nur für Byzantinisten: Die herangezogenen und besprochenen Quellen in vielen Sprachen (arabisch, griechisch, äthiopisch, armenisch, lateinisch, französisch, italienisch usw.) führen den Leser auf eine interessante Reise durch alle Kulturen des Mittelmeerraumes, deren Verwandtschaft trotz aller Unterschiede zwar bekannt ist, deren innerer Zusammenhang als komplexes System von Transferprozessen aber an einem solchen Beispiel mit bestechender Klarheit vor Augen geführt werden kann. Es ist kein geringes Verdienst dieser Publikation, diese Beziehungen durch detaillierte Berichte über die unterschiedlichen Ausformungen der Legende herauszuarbeiten. Vielleicht hätte man sich im Kapitel über den «Ursprung der Legende» (70–97) eine dezidiertere Stellungnahme gewünscht. Der antiikonoklastische Charakter der Erzählung steht fest, aber in welchem Ambiente wurde sie ausgeformt? Viel hängt von der Datierung der ersten biographischen Zeugnisse auf Griechisch (insbesondere der Vita BHG 394) ab, wobei Rochow mit aller gebotenen Vorsicht im Falle von BHG 394 für ein frühes Datum plädiert (um 840) und die in der Literatur schon vorgeschlagene Verfasserschaft des in Mar Saba lebenden Mönches Michael Synkellos unterstützt. Und es ist bekannt: Graeca non leguntur. Die vielen Passagen in dieser Sprache hätten übersetzt werden müssen, um die Ahnungslosen nicht abzuschrecken. Sie werden nämlich von diesem grundgelehrten Buch am meisten profitieren können.

Zitierweise:
Michele C. Ferrari: Rezension zu: Ilse Rochow, Die Legende der abgehauenen Hand des Johannes Damaskenos. Ursprung – Varianten – Verbreitung (=Berliner Byzantinische Studien 8), Frankfurt am Main, Peter Lang, 2007. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte, Vol. 103, 2009, S. 306-307.

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